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Bretton Woods und Keynesianismus

Noch während des Zweiten Weltkriegs wurde im amerikanischen Bretton Woods der monetäre Grundstein für den wirtschaftlichen Aufschwung in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg gelegt. Das fundamental Neue am Bretton Woods System war, daß die USA sich entschlossen hatten, eine führende Rolle in der internationalen Wirtschaft zu übernehmen. Neben der Bildung von GATT und der Konzipierung des Marshall-Plans zur Wiederherstellung der kriegsgeschädigten europäischen Wirtschaft wurden die Weltbank und der Internationale Währungsfonds als übergeordnete monetäre Institutionen gegründet. Der US-$ als Leitwährung war zum Preis von 35$ pro Unze in Gold umtauschbar, während die nationalen Währungen an den Dollar gekoppelt wurden (INTERNATIONAL MONETARY FUND, 2000, S. 167), wobei vom IMF bei ,,fundamental disequilibriums`` (HIRST, THOMPSON, 1999, S. 54) das Verhältnis einer Währung zum US-$ verändert werden konnte. Von dieser Möglichkeit wurde allerdings selten Gebrauch gemacht, die Währungen blieben als Zeichen für eine vernünftige und gesunde Wirtschaftspolitik relativ stabil. Aufgrund der schlechten Erfahrungen aus den Wirtschaftskrisen zwischen den beiden Weltkriegen erhielten die Regierungen der Nationalstaaten die Möglichkeit, den Kapitalverkehr zu kontrollieren und zu regulieren. So blieb ihnen Raum für eine eigenständige Arbeitsmarkt- und Preispolitik.

Ebenfalls noch zu Kriegszeiten wurde der Wohlfahrtsstaat der Nachkriegszeit begründet. Als hierfür grundlegende Schriften werden William Beveridges Bericht Social Insurance and Allied Services (1942) an die englische Regierung und seine zwei Jahre später folgende Veröffentlichung Full Employment in a Free Society angesehen. Darin plädierte er für das Prinzip, allen Bürgern gleiche Lebenschancen einzuräumen. Seine Forderung, Vollbeschäftigung zum Ziel eines Staates zu machen, der eine aktive Rolle in der Wirtschaft spielt, beruhte auf der ökonomischen Theorie von Lord John Maynard Keynes (HEMERIJCK, BAKKER, 1995, S. 146). Der Keynesianismus ging von der Annahme aus, daß ein Staat die Legitimation besitze, seine Geld- und Fiskalpolitik zugunsten einer möglichst hohen Beschäftigungs- und Wachstumsrate auszurichten. Durch den Einsatz von Staatsgeldern (deficit spending) soll der Gleichgewichtszustand z. B. der Vollbeschäftigung wiederhergestellt werden, die Auswirkungen von Konjunkturschwankungen werden durch antizyklische Maßnahmen zur Ankurbelung der Nachfrage gedämpft (ALTMANN, 1997, S. 154). Bretton Woods und Keynesianismus sorgten in der westlichen Welt für ein ,,goldenes Zeitalter`` des Kapitalismus, gefördert durch den gesellschaftlichen Konsens zwischen Unternehmern, Gewerkschaften und Regierungen. Von 1950-1973 wuchs das BIP in den westlichen Ländern um durchschnittlich 3% pro Jahr (vgl. Abb. 2, S. [*]), die Arbeitslosenzahlen waren gering, es herrschte gar Arbeitskräftemangel, der durch den ,,Import`` von Gastarbeitern kompensiert wurde.

Mehrere Faktoren führten in den siebziger Jahren zum Zusammenbruch des Bretton Woods-Systems und zum Ende des Nachkriegsbooms. Bretton Woods basierte auf der Passivität der USA auf dem monetären Sektor. Als sich die Regierung Nixon dazu entschloß, aus Gründen der nationalen Wettbewerbsfähigkeit die Konvertibilität des US-Dollars gegen Gold auszusetzen, um eine eigenständige Währungspolitik betreiben und eine Abwertung des Dollars zulassen zu können, gaben die Staaten der internationalen Gemeinschaft den Versuch auf, ihre Währungen gemeinsam zu verwalten, rückten von der Dollarkoppelung ab und gaben die Wechselkurse frei (HIRST, THOMPSON, 1999, S. 34). Deindustrialisierung, die Konkurrenz vor allem aus Asien und die Ölpreisschocks 1973 und 1979 führten zur stagflation, d. h. zu steigender Inflation gepaart mit einer rückläufigen Konjunktur (KRUGMAN, 1999, S. 24) und steigenden Haushaltsdefiziten aufgrund der ebenfalls stark ansteigenden Sozialausgaben wegen der höheren Arbeitslosigkeit. Eine Antwort der Nationalstaaten war die beginnende Deregulierung der Finanzmärkte, von der sich die Staaten Effizienzgewinne erhofften. Die Folgen waren eine stark erhöhte Kapitalmobilität und wiederholte Währungskrisen. 1985 einigten sich die führenden Industrienationen USA, Japan und Deutschland im Louvre- und 1987 im Plaza-Accord darauf, die Wechselkurse ihrer Länder innerhalb einer breiten ,,target zone`` (HIRST, THOMPSON 1999, S. 34) zu stabilisieren.


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Thomas Korber 2001-09-06